Die Passionsspiele in Höritz im Böhmerwald

Höritz im Böhmerwald gehört zu den ältesten Siedlungen im Krumauer Raum, es liegt 13 Km südwestlich von Krumau. Die Höritzer Passionsspiele erlangten am Ende des 19. Jahrhunderts den Ruf eines phänomenalen Schauspiels, inszeniert in einem damals modernen Theatergebäude für 2000 Zuschauer. Die Passion wurde auf Deutsch gespielt und das Ensemble bestand aus Höritzer Bürgern. Im Jahr 1893 fand die Premiere des Stücks des Autors J.J. Ammann statt. Die Resonanz auf europäischer Ebene zog Gläubige aus den deutschsprachigen Ländern an, auch bedeutende Persönlichkeiten und Adlige besuchten die Passionsspiele. Interesse an der Passion zeigte auch einer den ersten Filmproduzenten seiner Zeit, und so entstand im Jahr 1896 eine der wahrscheinlich ersten Filmaufnahmen der Geschichte. Die Vorführung wurde in unterschiedlichen Intervallen bis zum Jahr 1936 gespielt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg schien es, dass mit der Zwangsaussiedlung der deutschen Einwohner auch die Tradition der Passionsspiele untergeht. Die Tschechen bemühten sich jedoch um ein Weiterführen der Tradition und in den Jahren 1947 und 1948 fanden jeweils einige Vorstellungen statt. 1949 wurde jedoch die Erlaubnis für die Aufführung der Passion nicht mehr erteilt.

Nach 1989 ergab sich die Möglichkeit, an die Tradition der Passionsspiele anzuknüpfen. Die Initiative ging vom damals ersten frei gewählten Bürgermeister des Ortes Miroslav Čunát aus, außerdem von Karel Fila, Růžena Hotová, Emil Soukup u.a. Ende 1990 entstand die „Gesellschaft für die Wiederherstellung der Passionsspiele in Höritz im Böhmerwald – Passion“.

Die Premiere der neuen Passionsspiele, diesmal mit einem neuen Text von Jindřich Pecka, fand am 26. Juni 1993 statt. Gleichzeitig wurde an diesem Tag dank der Unterstützung von Herrn R. Paydl, einem Nachfahren ehemaliger deutscher Einwohner von Höritz, das Denkmal für „alle, die sich um die Passionsspiele verdient gemacht hatten“ eingeweiht. Es waren seit der Premiere der Passionsspiele nach Ammann nämlich genau 100 Jahre und ein Tag vergangen.

Allen Herausforderungen und Schwierigkeiten zum Trotz, mit denen die hinter den Passionsspielen von Höritz stehende Gesellschaft in den 25 Jahren ihrer Existenz zu kämpfen hatte, ist offensichtlich, dass es in Höritz gelungen ist, an ein kulturelles Phänomen anzuknüpfen, das einst von den ursprünglich deutschsprachigen Einwohnern ins Leben gerufen wurde.

„Auch heute, nach zweitausend Jahren, ist die Botschaft der Passionsspiele unheimlich aktuell, weil sie grundlegende Dinge transportiert: Es ist notwendig, Liebe gegenüber anderen in sich zu tragen, das Leben für andere zu geben. Und das ist eine Tatsache, die die heutige Welt braucht!“

(Kardinal Miloslav Vlk)

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